2010 war für Stefan Fischer (Name geändert) kein gutes Jahr: Seine Ehe scheiterte, er verlor seinen Job und es gab einen Todesfall in der Familie. Das warf den damals Mitte Dreißigjährigen aus der Bahn. Er begann zu trinken. Aus dem Schnäpschen zur Verdauung kam das Schnäpschen zum Frühstück und schließlich ging ohne zwei Flaschen Wodka am Tag nichts mehr. Da er nicht mehr in der Lage war, den Alkoholkonsum selbst zu steuern, beschloss er im letzten Jahr sein Leben zu ändern und ging zur Entgiftung in die Klinik. Im Anschluss nahm er einen Therapieplatz in der Tagesklinik "Am Birkenweg" an. Da Stefan Fischer durch das Zusammenleben mit seiner neuen Frau sozial gut eingebunden ist, stand diesem Plan nichts entgegen. Dass er nach der Therapie jeden Abend und am Wochenende zuhause verbringt, bedeutet ihm sehr viel. Nach knapp der Hälfte der Behandlungszeit schmiedet er eifrig Zukunftspläne und möchte sich sogleich auf die Suche nach einer neuen Arbeit machen.
Seit zehn Jahren bietet der Caritasverband Darmstadt neben der ambulanten Therapie über Suchtberatungsstellen und die vollstationäre Behandlung in Fachkliniken diese Reha-Einrichtung an. Von Anfang an dabei ist Dr. Carlo Schmid, der auch die stationäre Klinik Schloß Falkenhof in Bensheim leitet. "Lange Jahre klaffte eine Lücke", so der Ärztliche Leiter. "Manche Patienten waren durch die ambulante Behandlungsform unterversorgt und unzureichend unterstützt, um unter Alltagsbelastungen die Abstinenz sicher aufrechterhalten zu können. Manche aber waren durch die vollstationäre Rundumversorgung in einer Fachklinik zu einem großen Teil der wichtigen Selbstverantwortung enthoben. Insbesondere für Frauen war auch die Trennung vom gewohnten alltäglichen Umfeld eine enorme Belastung oder sogar ein Ausschlusskriterium für eine solche Hilfeform." Diese Lücke wurde vor rund zehn Jahren durch tagesklinische Behandlungsangebote ausgefüllt. Die Fachklinik "Am Birkenweg" gehört somit zu den Pionieren dieser Behandlungsform.
Die geräumige Stadtvilla mit Garten bietet jeweils bis zu 20 Frauen und Männern mit Alkohol-, Medikamenten- und Drogenproblemen in der Tagesrehabilitation ein Behandlungsangebot. Im Vergleich zu anderen Suchtherapien fühlen sich von dem Angebot der Tagesklinik viele suchtkranke Frauen angesprochen, da durch das Angebot abends und am Wochenende zu Hause zu sein eine für viele Frauen wichtige Alltagsnähe gegeben ist. So werden rund 30 Prozent mehr Frauen angesprochen als bei anderen Suchttherapien.
Über 600 Männer und Frauen wurden in den zehn Jahren therapiert. Rund 90 Prozent suchten Hilfe wegen Alkoholproblemen, fünf Prozent wegen Medikamentenabhängigkeit und fünf Prozent wegen illegaler Drogen.
"Die teilstationäre Behandlung dauert bis zu zwölf Wochen. Der Tagesablauf von 8.30 bis 16.30 Uhr wird durch Gruppen- und auch Einzeltherapie, medizinische Betreuung, gemeinsames Mittagessen, Sportschwerpunkte, Stressbewältigung, autogenes Training, Kunst- und Kreativitätstherapie und arbeitsbezogene Maßnahmen bestimmt. Weitere therapeutische Angebote wie Kochkurse, Nichtrauchertraining und Angehörigenseminare runden die ambulante Therapie ab", so die Bereichsleiterin Dr. Ursula Hebrank.
Der Vorteil des tagesklinischen Behandlungsprinzips liegt in der Struktur gebenden, engen Verbindung von intensiver therapeutischer Arbeit in der Klinik mit der Realität und den Bedingungen der sozialen Situation draußen. "Der Patient kann das in der Tagesklinik Gelernte abends und am Wochenende im realen Lebensumfeld erproben. Die dabei gemachten positiven oder negativen Erfahrungen bringt er mit in die Klinik und kann mit den Therapeuten das Erlebte reflektieren und Handlungsmuster weiter korrigieren", berichtet Michael Heuser, Dipl. Sozialpädagoge, Bezugstherapeut, der seit der Eröffnung vor zehn Jahren in der Tagesklinik arbeitet.
Caritasdirektor Ansgar Funcke ist froh, dass die Tagesklinik zum umfassenden Suchthilfeangebot des Caritasverbandes Darmstadt gehört. Denn neben der Tagesreha bietet der Verband Suchtberatung und ambulante Rehabilitation in Heppenheim, Darmstadt, Dieburg und Erbach an, stationäre Rehabilitation in Bensheim, nachstationäre Versorgung mit beruflichen und sozialen Hilfen in der Adaptionseinrichtung in Heppenheim und Betreutes Wohnen in Darmstadt, Darmstadt-Dieburg und an der Bergstraße. All diese Hilfeangebote sind unter einem Konzeptdach.
Die Tageklinik bietet für alle Interessierten jeden Mittwochnachmittag um 16.30 Uhr eine Infoveranstaltung an. Ohne Voranmeldung kann jeder daran teilnehmen. Die Besucher bekommen Fragen beantwortet, können die Räume begutachten, sich über das Angebot informieren und Aufnahmebedingungen klären.
Kontakt:
Fachklinik "Am Birkenweg"
Birkenweg 17
64295 Darmstadt
tagesrehabilitation@caritas-darmstadt.de
www.tagesrehabilitation.de
(Autor/in des Artikels: Benedikta Caspari 20-03-2015)