Teil 2: 13 - 14.10.2017, Angehörigenschulung nach CRAFT im Erbacher Hof, Mainz
Im zweiten Teil der Angehörigen - Schulung mit Dr. Bischof von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Lübeck vom 13. - 14.10.2017 ging es vorrangig um die Methode der motivationalen Gesprächsführung (Motivational Interviewing). Diese Methode wird vom Kreuzbund Bundesverband und anderen Bundesverbänden der Selbsthilfe für die Arbeit in den Gruppen in Zukunft favorisiert.
Mit dieser Methode soll es mehr und häufiger gelingen Angehörige dort abzuholen wo sie gerade stehen um sie zu bewegen/sie zu motivieren Änderungen anzugehen.
Denn auch Angehörige sind - wie die Betroffenen auch - in ihrer Bereitschaft zur Veränderung ambivalent. Jedes Verhalten - ob "positiv" oder "negativ" stellt einen "Nutzen" dar und jede Veränderung "kostet" mich etwas.
"MI ist ein personen-zentrierter, zielorientierter Kommunikationsstil mit dem besonderen Fokus auf Veränderungsäußerungen." So stellte Dr. Bischof den Ansatz vor.
Die wichtige Frage der Teilnehmerinnen war natürlich: ist das etwas anderes als das, was wir bisher schon tun. Worin unterscheidet sich dieser Ansatz von der Arbeit, die bisher schon geleistet wird.
Dieser Frage gingen die Teilnehmerinnen in den zwei Tagen mit Dr. Bischof theoretisch und anhand vieler Beispiele und kleiner Rollenspiele nach.
Was heißt es wertschätzend und auf Augenhöhe sprechen, wenn eine Angehörige mir erklärt, dass sie ihrem Partner das Suchtmittel zuteilt und das Geld kontrolliert. Wie gehe ich damit um, wenn ein Angehöriger seine Besorgnis darüber äußert, dass am Abend die suchtkranke Schwester - derzeit arbeits- und wohnungslos - vor der Tür steht und um Unterkunft bittet, die man ihr - aus nachvollziehbaren Gründen - nicht gewähren will.
Was heißt "aktives Zuhören" wenn eine Angehörige aufgeregt erklärt, wie schrecklich die Situation mit dem trinkenden Mann ist, wie lange sie schon überlegt ob sie sich Hilfe holen soll, dass sie am liebsten sich von ihrem Mann trennen würde, das aber wegen der Kinder nicht ginge und sie jetzt hoffe, dass sie völlig fertig sei und jetzt hoffe, dass ihr jemand helfen könne.
Anhand solcher Beispiele wurden mögliche Antworten auf ihre mögliche Reaktion bei der Angehörigen "erprobt". Deutlich wurde, dass es gar nicht so einfach ist hier eine Antwort zu finden, mit der man das Gegenüber "abholt" und bewegt wieder zu kommen.
Deutlich wurde auch, dass es an dieser Stelle wenig Sinn macht über die eigene Geschichte der Bewältigung zu sprechen.
Am Samstag ermöglichte uns Dr. Bischof über schwierige Situationen in der Gruppe zu sprechen und an Lösungen zu arbeiten:
Wie können wir damit umgehen, wenn Angehörige in unseren Gruppen "stundenlang" von sich sprechen und damit gefährden, dass andere Teilnehmende möglicherweise nicht mehr wiederkommen. Wie können wir grundsätzlich mit schwierigen Gruppensituationen besser umgehen.
Dr. Bischof stellte uns einige Kommunikationsmittel vor wie "Offene Fragen" stellen, das Gegenüber in seiner Situation und seiner Befindlichkeit bestätigen, wo nötig zusammenfassen um den Faden nicht zu verlieren und aktives Zuhören.
Eigentlich sehr einfache Mittel, die aber - so merkten die Teilnehmerinnen sehr schnell - in einer konkreten Situation doch nicht so einfach umzusetzen sind.
Als letzten Block der Schulung lernten wir die Gesprächsregeln in einer Gruppe kennen, wie sie in den Familienclubs, den Vorbildern für die entstehenden Angehörigengruppen, aufgestellt wurden: nicht bewerten; Feedback nur nach Erlaubnis; keine Ratschläge / eigene Lebensgeschichten nur nach Erlaubnis; von sich sprechen / "Ich" - Botschaften. Vielleicht sollten die Gruppenregeln immer wieder einmal in Erinnerung gerufen werden und verschriftlicht im Gruppenraum hängen - so die Empfehlung von Dr. Bischof.
Es waren wieder volle, interessante Tage mit vielen Anregungen, das zeigte auch die abschließende Runde am Samstag. Dank einer guten Mischung der Teilnehmenden - von Angehörigen, Leitungen von Gruppen und Gruppenmitgliedern und Profis - eine wirklich gelungene und schöne Schulung.
Das wir abends in Mainz erneut im Freien! genüsslich Eis essen konnten, soll nicht unerwähnt bleiben.